TRALI in der aktuellen Literatur: Identifikation des TRALI-Alloantigens sollte das Blutspenderscreening verbessern
Aber wird es die Versorgung mit Blutkomponenten in Deutschland beeinträchtigen?
Spender mit Antikörper gegen das Granulozyten-Antigen sollten kein Blut mehr spenden. Bereits 2010 hatte die Gruppe um A. Greinacher und J. Bux von der Universität Greifswald die Charakterisierung des humanen Alloantigen-3a in Nature Medicine (Nat Med. 2010 Jan;16(1):45-8) publiziert. Gegen dieses Oberflächenmolekül von neutrophilen Granulozyten sind Antikörper (AK) von Blutspendern gerichtet, die dieses Antigen nicht selbst tragen und als Folge einer Fremdblutkontakts zum Beispiel im Rahmen einer Schwangerschaft Antikörper gegen dieses Antigen -3a der neutrophilen Granulozyten bilden. Gegen weitere Polymorphismen des Antigens (Transfusion. 2011 Jan;51(1):18-24) (3b) werden auch AK gebildet, es ist aber nicht klar, ob sie auch ein TRALI hervorrufen können (wird aufgrund der gleichen Funktionsweise vermutet, bislang sind aber keine Fälle nachweisbar). Wird also ein plasmareiches Blutprodukt (Frischplasma oder Apherese -Thrombozytenkonzentrat) eines Ag-3a naiven Spenders, der AK gebildet hat, transfundiert, ereignet sich viel häufiger ein TRALI (transfusionsassoziiertes Lungenversagen) als bei plasmaarmen Produkten (Erythrozytenkonzentraten). Es hat laut einer holländischen Monozenter-Studie bei einem perioperativen Kollektiv (Herzchirurgie) eine Inzidenz von 2,4 % und einer Letalität noch im Krankenhaus von 13% des Kollektivs (im Vergleich zu 0-3% in transfundierten und nicht transfundierten Kontrollpatienten ohne TRALI). Das TRALI ist laut Consensus Konferenz eine binnen 6 Stunden nach Bluttransfusion auftauchende akute respiratorische Störung mit bilateralen Infiltraten im Röntgen Thorax und Hypoxämie ohne Anzeichen einer Volumenüberladung oder anderer Risikofaktoren für ein Lungenversagen. Es wird auch durch andere Lipide und Liganden, die während der Blutproduktlagerungangereichert werden, ausgelöst, aber diese TRALI Fälle verlaufen milder.
Der Ausschluß von Blutspendern in Deutschland, die ein TRALI auslösen können, muss aufgrund der hohen Letalität des TRALI gefordert werden. Auf der anderen Seite müssen selbst bei einer geringen Wahrscheinlichkeit eines Blutprodukts, ein tödliches Lungenversagen zu verursachen, viele Spender abgewiesen werden- Können wir uns das noch erlauben oder erfordert unsere angespannte Versorgungslage mit Blutprodukten nicht, die geringe Wahrscheinlichkeit für diese Komplikation nicht in die Erwägung mit einzubeziehen?
Die Prävalenz der Anti-HNA-3a liegt bei 0,23% aller vorher schwangeren Frauen (3,2% aller Frauen besitzen selbst kein HNA-3a Ag und nur 7% entwickeln Antikörper gegen HNA-3a. Die Prävalenz von Anti-HNA-3b als auch die Immunisierungsrate während einer Schwangerschaft ist noch um den Faktor 3 bzw 10 seltener).
Können also diese Blutspenderinnen identifiziert werden und von der Spende ausgeschlossen werden, sollten nicht allzu viele Spenden unterbleiben, vorausgesetzt die unrealistische Annahme trifft nicht zu, dass ehemals schwangere Frauen besonders eifrige Blutspender sind. Somit haben die Resultate der Forschergruppe um A. Greinacher eine wesentliche Verbesserung der Sicherheit unserer Blutprodukte erbracht, wenn die Testung auf die Antikörper eingesetzt wird. Die Risikobetrachtung für HNA-AK ist in den beiden Stufenplänen des PEI für Plasma (abgeschlossen) und TK (zurzeit laufend) gut erläutert und es sind auch Maßnahmen bereits für Plasmaprodukte angeordnet. Die meisten Spendedienste nutzen den Ausschluß des Plasmas vormals schwangerer Frauen und vortransfundierter Personen von der Nutzung als therapeutisches Plasma, andere setzen für therapeutisches Plasma fast nur Aphereseplasma ein, bei dem es sich aufgrund der höheren Spendefrequenz dann lohnt HNA-AK zu untersuchen. Problem ist neben den hohen Kosten die Untersuchungsmethode vor allem bei 3a.
Das PEI schlußfolgert in seiner Stellungnahme zur Versorgungslage mit Blutprodukten im Bundesanzeiger 84 vom 10.06.2009, Seite 2064 :"Ein Versorgungsengpass kann somit durch eine geeignete Umverteilung des vorhandenen Plasmas vermieden werden".
T. Frietsch