Tranexamsäure: Sterblichkeit und Thromboseraten

Taeuber I, et al. Association of Intravenous Tranexamic Acid With Thromboembolic Events and Mortality: A Systematic Review, Meta-analysis, and Meta-regression. JAMA Surg 2021 Apr 14;e210884. doi: 10.1001/jamasurg.2021.0884. Online ahead of print.

Es scheint, dass Tranexamsäure TXA die neue Wunderdroge ist - 38% weniger Transfusionsbedarf nahezu ohne Risiko und Nebenwirkungen. Potenziell gibt es diese aber sehr wohl laut Produktinformation, Fallberichten und aufgrund der Wirkungsweise als Antifibrinolytikum: Thromboembolien, Ischämien und epileptische Krampfanfälle. Es scheint, dass der starke Anstieg der TXA-Verbrauchsdaten in den Bereichen Orthopädie und Unfallchirurgie, Geburtshilfe und weiteren Eingriffsarten so lange weiter geht, bis dem unlimitierten und sorglosen Gebrauch durch die zu erwartenden überschießenden Wirkungen ein Ende bereitet wird.

Bislang gab es viele Studien mit verschiedenen Dosierungen, variablen Zeitintervallen bis zur ersten Dosis, unterschiedlichen Endpunkten aus verschiedenen Fachbereichen.

Deshalb ist nun eine Meta-Analyse aus 216 Studien mit 125 550 perioperativen Patienten, die entweder intravenös Tranexamsäure (TXA), Placebo oder keine Therapie bekamen, angestrengt worden. Die Studien kamen aus allen operativen Bereichen - Herz-, Thorax-, Neurochirurgie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Unfallchirurgie, Kinderchirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sowie anderen.

Resultierend hatten 1020 (2.1%) unter den TXA-Empfängern und 900 (2.0%) in der Kontrollgruppe thrombo-embolische Komplikationen. Ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen war in keiner der medizinischen Fachdisziplinen festzustellen.

Die Differenz der Risiken in den Gruppen für eine Venenthrombose, für Lungenembolien, venöse Thrombembolien, Herzinfarkt oder Schlaganfall betrug RΔ=0.001; 95% CI, −0.001-0.002; p=0.49 (Sensitivitätsanalyse mit TXA RR=1.02; 95% CI, 0.94-1.11; p=0.56) und ohne TXA RR=1.03; 95% CI, 0.95-1.12; p=0.52).

Die Verwendung von TXA war mit der Reduktion von Gesamtmortalität und Versterben durch Bluten assoziiert, logischerweise nicht mit der nicht-Blutungsbedingten Sterblichkeit.

Wurden die Studien nach Größe 0-99 Teilnehmer, 100-999, >1000 Teilnehmer gruppiert und bezüglich der Thrombembolierate verglichen, änderte sich die RΔ nicht signifikant (RΔ=0.003 bis RΔ=0.004).

In einer Meta-Regression wurde die Korrelation von verschiedenen TXA-Dosierungen bezüglich der Thrombosegefahr geprüft - ohne signifikantes Ergebnis (143 Interventionsgruppen waren ohne Assoziation (RΔ=−0.005; 95% CI, −0.021-0.011; p=0.53)).

Lediglich in der Gruppe der Patienten mit neurologischen Grunderkrankungen und neurochirurgischen Eingriffen waren die Ergebnisse statistisch nicht eindeutig und robust in allen Analysen.

Diese sehr wertvolle Meta-Analyse unterstreicht die Bedeutung von TXA, ihre Effektivität und die Sicherheit der Anwendung. Ein Freifahrtsschein für noch liberalere Einsatzweisen und höhere Dosierungen ist sie allerdings nicht. Mit einer unkritischen und zu freizügigen Einsatzbereitschaft werden wir auch bei diesem Medikament den Schaden vom Nutzen trennen lernen.

Pubmed

 

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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