Transfusionsbedingte Komplikationsrate bei anämischem Myokardinfarkt nachuntersucht

Ghafghazi S et al: Transfusion-related adverse events in patients with restrictive or liberal transfusion strategy. An analysis of the MINT trial. Transfusion. 2025 Nov 26. doi: 10.1111/trf.70006.

Im MINT Trial (wir berichteten) trat ein Rezidiv des Myokardinfarkts (MI) oder Tod innerhalb von 30 Tagen
im restriktiven Arm (16,9 %) gleich häufig (allerdings mit Trend zu mehr im restriktiven Arm) auf als im liberalen Arm (14,5 %), mit einem relativen Risiko von 1,15 (95 %-KI, 0,99–1,34; p = 0,07, n.s.). Im restriktiven Studienarm  der MINT war ein Erythrozyten(EK) zulässig, wenn der Hämoglobinwert unter 8 g/dl sank; unter 7 g/dl wurde es dringend empfohlen. Im liberalen Studienarm erhielten Patienten hingegen Transfusionen, um den Hämoglobinwert bei mindestens 10 g/dl zu halten. Die EKs wurden einzeln verabreicht, und die Prüfärzte vor Ort legten die Transfusionsrate anhand des klinischen Zustands der Patienten fest. Das Studienprotokoll sah vor, dass die Transfusion bei Patienten mit Flüssigkeitsüberladung verzögert werden konnte.

Der kombinierte primäre Endpunkt (rezidivierender Myokardinfarkt oder Tod innerhalb von 30 Tagen) gab in der Zielsetzung wenig Hinweise auf die Ursachen. Man sollte meinen, dass ischämische Komplikationen die Ursache der im Trend höheren Mortalität nach 30 Tagen gewesen sei. Deshalb überrascht diese Analyse der transfusionsabhängigen Folgeschäden (TRAE) wie der transfusionsbedingten Kreislaufüberlastung TACO, die als häufigste aller transfusionsbedingten Komplikationen zu 30-44% für die Mortalität verantwortlich ist (Semple et al. Blood 2019). Ischämische Folgeschäden sind bereits als kardiale Rezidivinfarkte in die Erstauswertung eingegangen und weitere Organischämien eher nicht erfasst worden. Die Möglichkeit an einer zuverlässigen Datenbank aus einer kontrollierten Studie die Inzidenzen der TRAE war wohl eher der Anlass zur Nachstudie, als das nicht signifikante Ergebnis der Orginaluntersuchung MINT plausibel zu machen, 

Die Analyse erfasste transfusionsbedingte akute Lungeninsuffizienz (TRALI), transfusionsbedingte Kreislaufüberlastung (TACO), akute hämolytische Transfusionsreaktion (AHR), anaphylaktische Transfusionsreaktion (AHR) und transfusionsbedingte Sepsis (TAS). Erwartungsgemäß korrelierte die Häufigkeit der TRAE mit der Anzahl der verabreichten Konserven. Im restriktiven Transfusionsarm wurden 9 Ereignisse und im liberalen Transfusionsarm 49 Ereignisse gemeldet. Die Gesamtereignisrate betrug 0,51 pro 100 Patienten im restriktiven und 2,80 im liberalen Transfusionsarm (Differenz der Rate: -2,29; 95%-Konfidenzintervall [KI]: -3,12 bis -1,44). Die Rate schwerwiegender TRAE betrug 0,51 im restriktiven Arm und 1,99 im liberalen Arm pro 100 Patienten (Differenz der Rate -1,48; 95%-KI, -2,21, -0,74). Taco wie auch TRALI und Herzinsuffizienz traten häufiger in der liberalen Gruppe auf.

Die Gesamtrate der TRAE war niedrig (0,5 % im restriktiven Arm und 2,8 % im liberalen Arm) und es wurden keine Todesfälle im Zusammenhang mit TRAE berichtet. Dies steht im Gegensatz zur insgesamt niedrigeren Rate des kombinierten Endpunkts Tod oder Myokardinfarkt nach 30 Tagen von 2,4 % im liberalen Transfusionsarm, die in der primären MINT-Publikation berichtet wurde und die liberale Transfusionsstrategie befürwortet.

Das Statement der Autoren lautete folglich, dass die mit der dreifachen Anzahl von Blutprodukten korrelierende, dreifach  erhöhte Frequenz von TRAE nicht ausreichte, um die Mortailität der liberalen Gruppe über die der Restriktiven zu steigern. 

Interpretation: Ich persönlich kann dieser Verharmlosung der transfusionsbedingten Komplikationen in ihrer Auswirkung auf das Gesamtergebnis nicht folgen. Vielmehr räumten die Autoren in der Diskussion der Ergebnisse ein, dass die Kliniker die Anwendung der Eks vorsichtig und diuretikabegleitet ohne die erwarteten Auswirkungen von TACO vornahmen. Was in meinen Augen einem Studienbias entspricht, der leider nicht diskutiert wurde. Bis auf weiteres bleibt meine Interpretation der MINT Studienergebnisse also sehr vorsichtig.

Pubmed

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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