Rate an Transfusionsreaktionen deutlich höher als bislang bekannt

Lim YA et al. Early recognition of possible transfusion reactions using an electronic automatic notification system for changes in vital signs in patients undergoing blood transfusions. Transfusion 2020 Jul 20. doi: 10.1111/trf.15931

Man hätte es ja beinahe vermuten können: Wenn die Kreislaufparameter der Patienten exakt und automatisiert gemessen und dokumentiert werden, kann man die kreislaufrelevanten Transfusionsreaktionen (TR) besser diagnostizieren als mit der herkömmlichen Überwachung- die von Einrichtung zu Einrichtung und Station zu Station erheblich variiert.

Die koreanischen Autoren der jüngsten Publikationen benutzten ein automatisiertes elektronisches System, das zu drei Zeitpunkten -vor Beginn der Transfusion, während (15min nach Beginn) und nach Abschluss - Blutdruck (RR), Temperatur und Herzfrequenz (HR) erfasste- bei Intensivstationen aus den Monitoren, auf peripherer Station durch manuelle Messung und Eingabe. Die auftretenden Veränderungen (Temperatur >38 Grad Celsius oder eine Abweichung um 1Grad , 20% Abweichung von RR und HR) wurden nicht nur dokumentiert , sondern auch in einem Softwareprogramme ausgewertet und eine Warnung einer akuten TR im Krankenhausinformationssystem (KIS) ausgegeben. Auf die Warnung mussten die Pflegekräfte dann die Veränderungen der Vitalparameter der Transfusion hinsichtlich Plausibilität zuordnen. Wird die Transfusion einer Blutkomponente als ursächlich bestätigt, informiert das System den behandelnden Arzt und die Blutbank über die akute Transfusionsreaktion. Die akuten Transfusionsreaktionen können so rechtzeitig detektiert, dokumentiert und behandelt werden. 

Die 945 Warnmeldungen des Systems innerhalb von 6 Monaten mussten auf 521 Verdachtsfälle wegen Doppelmeldungen der Transfusionsreaktionen reduziert werden. Die übrigbleibenden echten akuten Transfusionsreaktionen (n=116) wurden zu 85% den Erythrozytenkonzentraten (EK), zu 12% dem FFP, zu 4% gepolten Thrombozytenkonzentraten (TK) und zu 9,5% den Apherese -TKs zu geschrieben. Die auftretenden TR wurden kategorisiert als nichthämolytisch, allergisch, Volumenüberladung (TACO), Dyspnoe (TAD) und blutdruckbedingte TR (Hypo/hypertension). Leukozytenfiltrierte Blutpräparationen sind in Südkorea die Ausnahme. Wurden Volumenbedingte TR nicht beachtet, sondern nur allergische und nichthämolytische febrile TR bei den EKs nach Leukozytenfiltration unterschieden, waren lediglich 4 von 68 Reaktionen festzustellen. Die febrilen TR bei nicht leukozytenfiltrierten EKs war 0,34% versus 0,1% und damit um mehr als das 3,5 fache verringert. Die Hälfte aller TR wurden ausschliesslich durch Vitalparameterveränderungen und damit zuverlässig durch die analysierende Software erkannt.

Als vorher-nachher-Vergleich wurde die Rate an Transfusionsreaktionen verglichen. Sie war durch die Einführung des Systems von 0,13% auf 0,49% um beinahe das 4fache gestiegen. Die Anzahl der Verabreichungen war um die 25 000 vergleichbar in beiden Perioden. 

Ob das System mit einigen Anpassungen auch bei uns funktionieren würde, ist eigentlich nebensächlich. Eine einfache Anpassung eines durchgängigen und in Zukunft überall im Krankenhaus eingeführten elektronischen Krankenhausinformationssystems übernimmt dann vermutlich auch die manuelle Messungen am Krankenbett auf Normalstation. Was aber jetzt schon relevant ist, ist dass diese Studie zeigt, dass nur die akuten Transfusionsreaktionen viel häufiger sind als mit der üblichen Erfassungsdiagnostik berichtet. Die verwendeten Parameter sind alle mit einem kleinen Monitor zur wesentlichen Erhöhung der Patientensicherheit kostengünstig einzuführen. 

Pubmed

Für Sie gelesen von Th. Frietsch

 

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