Transfusionstrigger revisited- liberal oder restriktiv

Carson JF et al. Transfusion thresholds for guiding red blood cell transfusion. Cochrane Database Syst Rev . 2021 Dec 21;12(12):CD002042. doi: 10.1002/14651858.CD002042.pub5.

Wenn die 30-Tage-Letalität nach der Transfusion eines Erythrozytenkonzentrats nach restriktiver Strategie gleich hoch ist wie die nach liberaler Strategie, kann auf die unnötigen Verabreichungen und das damit verbundene Risiko verzichtet werden. Das hat nun eine Neuversion einer Cochrane Database Analyse untersucht und im Vergleich zur Letzten von 2016 17 neue Studien (RCT) einschließen können.
Die Daten von mehr als 21 000 Patienten wurden diesbezüglich in der üblichen Systematik untersucht. Eingeschlossen wurden Studien an Erwachsenen als auch eine kleine Anzahl an Kindern (3 von 36 in der restriktiven Gruppe). Als liberale Transfusionstrigger wurden die Grenzen des Hämoglobinspiegels (Hb) von 7-8g/dl als restriktiv und 9-10g/dl als liberal in den meisten Studien verwendet. Normovolämie wurde in den wenigsten Studien als Messparameter bestätigt, sondern zumeist als klinische EInschätzung vorausgesetzt.
Die Strategie bei dem niedrigeren Hb, den restriktiven Triggern entsprechend, führte natürlich in einem breiten Spektrum der klinischen perioperativen wie medizinischen Diagnosen dazu, dass im Vergleich zum höheren Hb-Spiegel das Transfusionsrisiko um 41% sank (risk ratio (RR) 0.59, 95% confidence interval (CI) 0.53 to 0.66; 42 studies, 20,057 participants; high-quality evidence), allerdings waren die eingehenden Studien sehr heterogen (I² = 96%).
Die restriktive Strategie erhöhte die 30-Tage-Letalität nicht (RR 0.99, 95% CI 0.86 to 1.15; 31 studies, 16,729 participants; I² = 30%; moderate-quality evidence). Auch andere verbundene Behandlungsergebnisse wie kardiale Ereignisse, Schlaganfall und Thromboembolien waren nicht häufiger. Nosokomiale oder Wundinfektionen bzw. Bakteriämien traten nicht häufiger auf.
Über Transfusionsreaktionen wurde nur manchmal berichtet, weshalb eine Auswertung hier nicht möglich war.
 
Die Autoren folgern, dass die restriktive Transfusionsschwelle als sichere Strategie bei den meisten Patienten angewendet werden kann. Die 30-Tage-Sterblichkeit, kardiovaskuläre, thrombotische und infektiöse Komplikationen sind nicht zu befürchten, aber Blutkonserven können gespart werden.
Bei Myokardinfarkt, gefäßchirurgischen Patienten, Patienten mit hämatologischen Malignomen und chronischen Knochenmarkserkrankungen soll die Empfehlung nicht mit hoher Evidenz als unbedenklich gelten, da vielleicht andere als die untersuchten Outcomes (Lebensqualität zum Beispiel) bei den n=8846 restriktiv behandelten Patienten in 17 Studien bedeutsam sein könnten.
 
Kommentar: Der Anspruch an einen hohen Grad der Sicherheit steht im Widerspruch zur Messbarkeit der Gefährdung im individuellen Fall bei der Indikationsstellung zur Transfusion. Das würde für die Praxis bedeuten, dass vorsichtshalber bei diesen Patienten transfundiert werden müsste. Die Risiken der 42% mehr als notwendig verabreichten Transfusionen müssten dann aber mit hoher Evidenz vernachlässigbar sein. Das ist nicht der Fall.
 
Insofern lässt uns diese Cochrane-Analyse ohne eigentlichen Erkenntnisgewinn zurück. Etwas unbefriedigend wie ich meine.
 
 
Für Sie gelesen von Th. Frietsch

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