Vergleich viskoelastische versus sonorheometrische POCT-Gerinnungsmessungen bei Trauma

Rosetta A et al. Sonorheometry versus rotational thromboelastometry in trauma: a comparison of diagnostic and prognostic performance. J Thromb Haemost 2023 May 8;S1538-7836(23)00391-4. doi: 10.1016/j.jtha.2023.04.031.

Das neu eingeführte sonorheometrische POCT-Messverfahren der Gerinnung war bislang schwer mit der etablierten Thrombelastographie zu vergleichen, da sich die Techniken und Messprinzipien sowie die ausgegebenen Parameter unterschieden und nicht klar war, welche Auswirkungen sich unter verschiedenen Bedingungen ergäben. Für einzelne Kollektive und perioperative Indikationen wie der Herzchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Lebertransplantation und Geburtshilfe hatten sich sehr gute Übereinstimmungen der neueren Sonorheometrie mit Thrombelastographie und -metrie ergeben. Bislang fehlt aber ein gut validierter Vergleich zu den Routinelaborparametern und den thrombelastischen Verfahren für die Versorgung von Schwerverletzten und Unfallopfern. 

Das hat nun die Arbeitsgruppe um Davenport et al. aus London für die trauminduzierte Koagulopathie (TIC) in der prospektiven Kohortenstudie ACIT II (Activation of Coagulation and Inflammation in Trauma) untersucht. Unter dem Aspekt der aktuellen europäischen und AWMF- Leitlinienempfehlungen (wir berichteten) für viskoelastische Tests (VET) ist das besonders relevant. 

Der Unterschied der Messtechnik besteht aus der Messung der mechanischen Behinderung der rotierenden Sonde durch das Gerinnsel nach verschiedener chemischer Stimulation der Gerinnung in der Vollblutprobe (ROTEM) versus der Resonanzmessung der Viskoelastizität des Clots und Umformung in klassische Thrombelastographieparameter (TEG) versus "SEER"-einer sonographischen Resonanzmessung der Elastizität der Vollblutprobe ("sonic estimation of elasticity via resonance") (Quantra).

Während die verschiedenen Thrombelastographiemethoden (ROTEM, TEG) auch in älteren Versionen als zu pipettierende Einzeltests erhältlich sind, ist die Ausführung der sonorheologischen Methoden (Quantra) ausschließlich auf Fertig-Quartridges als Einmalartikel beschränkt. In der Studie wurden das TEG6, das Rotem sigma, das Multiplate (POCT Impedanzaggregometrie) und das Quantra neben dem Routinelabor eingesetzt.

Zwischen 2020 und 2021 wurden n=244 Patienten (medianes Alter 35J) mit einem (mittel)schweren Polytrauma (ISS 16 (5-27)) eingeschlossen und n=209 analysiert. Die Gesamtsterblichkeit nach 6h war 4%, nach 28 Tagen 18%.

Der Parameter CS des Quantra korrelierte mit EXTEM CA A5, A10 und A20 (r=0.90, p<0.001), der Quantra Parameter FCS mit FIBTEM A5 ((r=0.85, p<0.001), Quantra PCS mit EXTEM A5 (r=0.89, p<0.001) besser als mit EXTEM-FIBTEM A5 (r=0.73, p<0.001). Im Vergleich zum Routinelabor korrelierte Quantra CS negativ (r=-0.47, p<0.001) mit dem INR-Wert, FCS und PCS mit dem Fibrinogenspiegel und den Thrombozytenzahlen (r=0.67, p<0.001 und r=0.65,p<0.001). Quantra CT korrelierte mittelmäßig mit dem EXTEM CT, gut mit INTEM CT und aPTT (r=0.66, p<0.001 und r=0.53, p<0.001), aber schlecht mit INR (0.18, p<0.001). Keine Korrelation konnte gefunden werden zwischen Quantra CSL und EXTEM ML (r=0.02, p=0.730), EXTEM LI 30 (r=0.05, p=0.470), ROTEM Clotstabilität (r=0.09, p=0.229) oder D-Dimeren (r=0.02, p=0.805).

Für die schnelle Diagnose "Koagulopathie" eigneten sich Quantra PCS (AUROC 0.83 [0.73-0.93] ebenso wie EXTEM CT (AUROC 0.84 [0.75-0.93], p=0.841), ebenfalls für die Interventionsentscheidung zur Verabreichung von Blutprodukten (> 3 EKs etc.) die Parameter Quantra CS (AUROC 0.76 [0.68-0.83]) und FIBTEM A5 (AUROC 0.78 [0.70-0.85], p=0.371) mit gleicher Sensitivität (0,8 beide) aber leicht besserer Spezifität des FIBTEM A5 (0,61 vs 0,66). Die Letalität nach 6h wurde gleich zutreffend von Quantra CT (AUROC 0.92 [0.82-1.00] wie von EXTEM CT (AUROC 0.93 [0.88-0.98], p=0.801) vorhergesagt.

In der Detektion des Fibrinogenmangels war Quantra FCS dem FIBTEM A5 (AUROC 0.79 [0.71-0.88] vs FIBTEM A5: AUROC 0.84 [0.77-0.91], p=0.027) unterlegen. Thrombopenie wurde in Quantra PCS ebenso wie mit EXTEM-FIBTEM A5 (Quantra PCS: AUROC 0.87 [0.81-0.93] vs EXTEM-FIBTEM A5: AUROC 0.83 [0.75-0.92], p=0.317) angezeigt. Plättchendysfunktion wurde im Multiplate bei 27% TRAP (Thrombin), 17% (33/192) Kollagen, 47% (89/191) ADP (Adenosin)  und 43% (83/191) Arachidonsäure vermittelt der Patienten gefunden. Das wurde zwar in beiden gegenübergestellten Verfahren mit mäßiger Diskriminationsfähigkeit (Spezifität und Sensitivität abgebildet.   

Da Tranexamsäure empirisch nahezu in allen Fällen verabreicht worden war, konnte die unterschiedliche Fähigkeit zur Detektion der Fibrinolyse /Hyperfibrinolyse nicht ausreichend untersucht werden.

Wie zu erwarten, feine Unterschiede zwischen den Geräten, sonst aber gute Übereinstimmungen. Die verschiedene Benennung der Messparameter macht ein beliebiges Wechseln und die gegenseitige Verständlichkeit der Ergebnisse schwierig. Obwohl die Studie natürlich vom Hersteller von Quantra finanziert, aber von beiden Herstellern unterstützt war, kann man den fehlenden Interessenkonflikt und die neutrale Durchführung der Studie abnehmen.

Pubmed

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