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Editorial
Herzlich Willkommen zum zweiten Newsletter der IAKH im Jahr 2019!
Der Newsletter ist eine kurze und knappe Information zum Thema Hämotherapie und Hämostaseologie, von der IAKH für Sie als Mitglied bereitgestellt.
Dieser Newsletter informiert Sie schnell und umfangreich - alles was sie wissen müssen. Mehr gibt es noch auf unserer Webseite www.iakh.de!
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Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Ihr Prof. Dr. T. Frietsch für den Vorstand der IAKH
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Allgemeines
Die Consensuskonferenz zum Patient Blood Management in Frankfurt (wir berichteten) als gemeinsame Initiative der European Blood Alliance und Prof. Seifried aus der Transfusionsmedizin in Frankfurt ist hochrangig bereits im Märzheft des amerikanischen Ärzteblatts JAMA publiziert worden (PubMed). Obwohl die Empfehlungen dieses Consensusartikels aufgrund der zugrundeliegenden Evidenz vertretbar sind, ist doch die Fragestellung und die Organisation der Konferenz aus Sicht klinischer Fächer zu kritisieren. Ein Konsensus sollte auch mit uns als Anwender der Blutprodukte erzielt werden. Die Fragen und Aspekte, die uns als Anwender und Vertreter der Patientensicherheit bewegen, sind andere als die der Arzneimittelproduzenten. Dies haben die IAKH zusammen mit der NATA in einem Leserbrief formuliert. Er wird in Bälde in TRANSFUS MED veröffentlicht werden (in press, wir werden informieren).
Ist das Geschlecht des Blutspenders für den Empfänger von Bedeutung? Bislang werden nur die Major-Blutgruppen und das Rhesussystem bei der Zuordnung von Erythrozytenkonzentraten berücksichtigt. Durch Beschränkung der Plasmaspende auf Männer ist die Rate an transfusionsassoziierten Lungenversagen TRALI gesenkt worden. Jetzt gibt es Hinweise, das die gegengeschlechtliche Fremdblutgabe für Empfänger von EKs schädlich sein kann. Lesen Sie dazu in unseren Literaturempfehlungen (siehe unten oder direkt).
Der Arbeitskreis Blut hat zu viele Mitglieder und soll reformiert werden. Als Organ des Robert Koch-Instituts und ein „vom Bundesministerium für Gesundheit eingerichtetes Sachverständigengremium nach § 24 des Transfusionsgesetzes unterstützt er die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder sowie die Fachkreise durch sachverständige Beratung“. Er hat durch die Voten und Stellungnahmen zur Hämotherapie erhebliche Bedeutung für die Sicherheit und den Umgang mit Blut- und Blutprodukten. Leider waren aber bislang die Kliniker in diesem Gremium zum „wissenschaftlich basierten interdisziplinären Dialog“ unterrepräsentiert. Die Berufung der Mitglieder ergeht auf Vorschlag des BMG. Die IAKH war bislang mit Prof. Volker Kretschmer und vertretungsweise durch Dr. Arnulf Weiler-Lorentz vertreten. Nach der Pensionierung der beiden IAKH Repräsentanten war die IAKH nicht mehr offiziell als Interessengruppe der Anwender von Blut und Blutprodukten vertreten. Die IAKH hatte bereits vor Jahren und nun auch aktuell in einem Brief an das BMG für eine paritätische Besetzung der Vertreter der Hersteller, Patienten und ANWENDER gebeten.
Einer neuen Meta-Analyse aus eigener Autorschaft zufolge gibt es wenige Gründe, die maschinelle Autotransfusion (MAT) bei Tumoroperationen nicht einzusetzen, wenn ein dafür vorgesehener Leukozytendepletionsfilter zur Retransfusion verwendet wird. Leukozytendepletion vor Retransfusion schützt gleichwertig zur Bestrahlung vor Metastasierung, ändert aber in Deutschland die Zulassungsvoraussetzung. Eine Herstellungserlaubnis fiele somit weg und die normale Anzeigepflicht erlaubte den Einsatz auch bei Tumorpatienten. Seit Jonathan Waters 2012 eine gleichlaufende META-Analyse (PubMed) veröffentlicht hatte, entspricht diese Vorgehensweise dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Das Manuskript wird in Kürze beim deutschen Ärzteblatt eingereicht werden und die IAKH wird eine Empfehlung zum Einsatz der MAT in dieser Indikation herausgeben.
Dem rekombinanten Von-Willebrand-Faktor-Präparat VEYVONDI (Vonicog alfa) wurde die Zulassung durch die Europäische Kommission erteilt. Die schwere Form des vWS ist eine seltene Erkrankung, von der in Europa weniger als 2 von 10000 Einwohnern betroffen sind. Im Gegensatz zur Hämophilie, die fast ausschließlich bei Männern auftritt, sind beim vWS beide Geschlechter gleichermaßen betroffen. VEYVONDY ist indiziert bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) mit vWS, wenn alternative Therapien nicht wirksam oder nicht indiziert sind, für die Behandlung von Blutungen und Blutungen bei Operationen und zur Vorbeugung von Blutungen bei Operationen. Bislang verfügbare Behandlungen bei vWS sind Willebrand-Faktor-Konzentrate aus Plasma, DDAVP, Antifibrinolytika. Letztere sind in der Regel Therapie der Wahl bei den häufigeren leichten Formen des WJS (Typ I).
Neues aus der Literatur
- Spahn DR et al. Effect of ultra-short-term treatment of patients with iron deficiency or anaemia undergoing cardiac surgery: a prospective randomised trial. Lancet. 2019 Jun 1;393(10187):2201-2212. doi: 10.1016/S0140-6736(18)32555-8 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Was passiert, wenn man die präoperative Anämie mit Hochdosis-intravenösem Eisen, Erythropoetin, Folsäure und Vitamin B 12 behandelt, den Patienten nicht wieder weg schickt, sondern einfach am nächsten Tag operiert? Kann das effektiv sein oder ist das vergeudete Liebesmühe? Oder gefährdet das den Patienten gar? ...
- Møller A et al. Low vs high hemoglobin trigger for transfusion in vascular surgery: a randomized clinical feasibility trial. Blood. 2019 Jun 20;133(25):2639-2650. doi: 10.1182/blood-2018-10-877530 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Bisherige Studien zur Transfusionsstrategie haben erhebliche methodische Einschränkungen: Die meisten basieren auf Hämoglobingrenzen, die aufgrund der nicht vorhandenen Blutvolumenmessung in beiden Gruppen nicht wirklich unterschiedlich sind, haben Patienten ohne relevanten Blutverlust eingeschlossen, erfassten nur stabile postoperative Patienten oder sind durch viele Protokollverletzungen wenig überzeugend. Endlich ist einmal eine Studie veröffentlicht worden, bei der die Methodik zur Erforschung der Transfusionsstrategie korrekt angewendet wird ...
- Faraoni D et al. Patient Blood Management for Neonates and Children Undergoing Cardiac Surgery: 2019 NATA Guidelines. J Cardiothorac Vasc Anesth. 2019 Mar 20. doi: 10.1053/j.jvca.2019.03.036 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Große Blutverluste, Herzlungenmaschine, Gerinnungsstörungen und vorbestehende multifaktorielle Anämie sind die Ursachen, weshalb unsere kleinsten und kränksten Patienten am häufigsten transfundiert werden. Aus diesem Grund sind evidenzbasierte Leitlinien zur Einsparung von Blutprodukten und zur Optimierung der individualisierten Hämotherapie besonders wichtig, existieren bislang aber nur für Erwachsene. Die NATA hat sich des Problems angenommen ...
- Kheiri B et al. Restrictive versus liberal red blood cell transfusion for cardiac surgery: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. J Thromb Thrombolysis. 2019 Feb;47(2):179-185. doi: 10.1007/s11239-018-1784-1 (PubMed, Unsere Rezension, Externer Link)
Zusammenfassung: Letzte Hinweise aus Meta-Analysen ließen vermuten, dass in der Herzchirurgie eventuell liberale Transfusionstrigger doch günstiger sind als eine restriktive Transfusionsstrategie (Transfusion erst unter einem Hämoglobinspiegel von 7,5g/dl). Allerdings hatten Observationstudien und kontrollierte RCT-Studien unterschiedliche Mortalitäten gefunden, wobei die Power der RCTs oftmals nicht ausreichend war. Die neueste Analyse rein aus kontrollierten Studien schafft nun aus den zusammengefassten Fallzahlen ausreichend Sicherheit für dieses wichtige Transfusionsklientel ...
- Craig EK et al. Red blood cell salvage analysis from clotted blood. Blood Transfus. 2019 Mar;17(2):146-150. doi: 10.2450/2018.0008-18 (PubMed, Unsere Rezension, Externer Link)
Zusammenfassung: Was passiert, wenn der Chirurg älteres und verklumptes Blut in den Cell Saver einsaugt? Müssen wir schlechtere Qualität oder gar Mikroembolien bei Retransfusion befürchten? Das hat eine Gruppe aus den USA nun untersucht und gefunden …
- Zeller MP et al. Sex-mismatched red blood cell transfusions and mortality: A systematic review and meta-analysis. Vox Sang. 2019 May 23. doi: 10.1111/vox.12783 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Bis zum kürzlichen Verständnis der TRALI-Ursachen wurde nicht angenommen, dass das Geschlecht der Blutspender Auswirkungen auf die Verträglichkeit beim Spenden hat. Aber da hatte man auch einen Pathomechanismus gefunden, der dafür verantwortlich war - die Anti-HNA und Anti-HLA Merkmale von Frauen, die Schwangerschaften hinter sich haben. Seit in den Ländern, in denen Blutplasma nur noch von Männern gewonnen ...
- Pelavski AD et al. Audit of transfusion among the oldest old: treading the fine line between undertransfusion and optimum trigger. Transfusion. 2019 Jul 1. doi: 10.1111/trf.15428 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Nachdem immer noch die Patientengruppe gesucht wird, die nicht von einer restriktiven Transfusionsstrategie profitiert (die es sicher irgendwo gibt!), hatten sich zuletzt Hinweise aus Meta-Analysen ergeben, dass vielleicht im geriatrischen und alterstraumatologischen Bereich diese Ausnahmen zu finden sind - also ältere und gebrechliche Patienten, z.B. nach hüftnahen Frakturen (siehe Gregersen et al). Nun hat eine Arbeitsgruppe aus Spanien die ...
- Rydén J et al. A longer duration of red blood cell storage is associated with a lower hemoglobin increase after blood transfusion: a cohort study. Transfusion. 2019 Jun;59(6):1945-1952. doi: 10.1111/trf.15215 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Der Lagerungsschaden von Erythrozyten ist unbestritten, nur ob er klinisch relevant ist, wird kontrovers diskutiert. Nun hat eine schwedische Arbeitsgruppe etwas ganz einfaches und logisches nachgewiesen: Die Anzahl der wirksamen und funktionierenden Erythrozyten eines gelagerten Konzentrats nimmt ab und der Hämoblobinspiegel der Patienten sinkt um so weniger, je länger die Konserve im Kühlschrank war. Aber ist es relevant? ...
- Althoff FC et al. Multimodal Patient Blood Management Program Based on a Three-pillar Strategy: A Systematic Review and Meta-analysis. Ann Surg. 2019 May;269(5):794-804. doi: 10.1097/SLA.0000000000003095 (PubMed, Unsere Rezension)
Zusammenfassung: Was bringt die Implementierung eines Bundels für das "Patient Blood Management"? Eine aktuelle Meta-Analyse vergleicht das Outcome der Drei-Säulen-basierten Therapie aus mehreren Instrumenten mit der Periode davor. Aus 17 Studien (1 randomisierte kontrollierte Studie RCT, 14 Observationen mit Vorher und Nachher-Vergleich, 1 retrospektive Kohorte und 1 retrospektive Fall-Kontroll-Studie) konnten insgesamt ...
- Bohlius J et al. Management of cancer-associated anemia with erythropoiesis-stimulating agents: ASCO/ASH clinical practice guideline update. Blood Adv. 2019 Apr 23;3(8):1197-1210. doi: 10.1182/bloodadvances.2018030387 (PubMed, Unsere Rezension, Externer Link)
Zusammenfassung: Erythropoetin für Krebspatienten - da scheiden sich die Geister. Gefährlich, weil Komplikationen wie Malignomrezidive und Tumorprogression zusätzlich zu Thromboembolien drohen. Unbedenklich, weil nur wenige Tumorzellen EPO-Rezeptoren tragen und reagieren können und Epo unter einem Hämoglobingehalt von 12g/dl kaum thromboemboligche Komplikationen macht? ...
Der Literaturservice wird fortgesetzt: verantwortlich für den Inhalt: J. Erhard und T. Frietsch
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